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freie_software_zur_sammlungsdokumentation

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freie_software_zur_sammlungsdokumentation [2014/12/01 19:39] (current)
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 +====== Freie Software zur Sammlungsdokumentation ======
  
 +09/02/2007
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 +Im Bereich der Software zeichnet sich ein eigentlicher Siegeszug der  sogenannten "Freien Software" ab: sichere, zuverlässige und qualitativ  hochwertige Software ist nicht selten "Freie Software" und wird von  Privatpersonen bis hin zu Weltfirmen erfolgreich eingesetzt. Doch was  ist "Freie Software" und was hat das mit der Dokumentation von  Sammlungen zu tun?
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 +Wenn Sie Freie Software einsetzen möchten,  so müssen Sie keine Lizenzgebühren entrichten. Sie können Freie  Software kopieren, verteilen und einsetzen wo und wie es Ihnen gefällt.  So gesehen, ist Freie Software Gratis-Software. Damit sich niemand der  Früchte der Arbeit anderer Leute bemächtigen kann, hat die Free  Software Foundation (www.fsf.org) das Konzept des "Copyleft" (im  Gegensatz zum Copyright) entwickelt, das nicht nur die Verwendung und  Verbreitung Freier Software regelt, sondern auch deren Verbesserung und  Vermehrung.
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 +Für einzelne Softwareprojekte wurde die Lizenzform  des GNU General Public License entwickelt. Doch Freie Software ist noch  viel mehr: bei der sogenannten "Open Source Software"  (www.opensource.org) wird auch der Programmcode freigegeben. Je nach  Lizenzbedingungen kann der Programmcode abgeändert, erweitert,  verbessert, wiederverwendet werden, wobei die Verbesserungen wieder in  einer geregelten Form in das ursprüngliche Projekt zurückfliessen  sollen. Auf diese Weise ist äusserst robuste, ressourcenschonende und  hervorragende Software entstanden: z.B. das Betriebssystem Linux, der  Webserver Apache, die Datenbank mySQL oder die Programmiersprache PHP  und natürlich eine Unmenge weiterer Software-Projekte.
 +Die  Qualität der Freien Software hat ihren Ursprung in der verteilten  Entwicklung der interessierten Kreise und in der Verwendung offener  Standards. Es besteht keine Abhängigkeit von einzelnen Firmen oder  Personen und der Selbsthilfe-Charakter Freier Software führt zu  bedürfnisgerechter Software ohne überflüssige Erweiterungen. Da der  gesamte Programmcode zugänglich ist, werden Programmierfehler und  Sicherheitslöcher schnell entdeckt und behoben, und ein System kann  theoretisch für jede beliebige Hardwareplattform jetzt oder in der  Zukunft neu kompiliert werden.
 +Diese Eigenschaften machen Freie  Software zum geeigneten Instrumente zur Langzeitarchivierung von Daten,  wie sie für die Sammlungsdokumentation von den Museen gefordert werden  (ganz abgesehen von der notorischen Finanzschwäche der meisten  Institutionen).
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 +===== Das Projekt myColex =====
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 +Zwischen  Freier Software und den Museen besteht also eine grundsätzliche  Wesensverwandschaften in der Art und Weise, wie mit Wissen umgegangen  wird: beiden Institutionen liegt ein akademisches Wissensmodell  zugrunde, wonach das Wissen kein Privatbesitz sein kann und an Güte  zunimmt, je mehr es diskursiv verhandelt wird. Das gab den Anstoss zum  Projekt myColex.
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 +Aufbauend auf den Erfahrungen der letzten zehn  Jahren des Historischen Museums Basel im Bereich der  Sammlungsdokumentation mit EDV-Mittel, sollte eine Applikation  entstehen, die durchwegs "Freie Software" verwendet und auf offenen  Standards (HTTP, HTML, XML, SQL) aufbaut. Aufgrund des Stellenwertes  einer fachgerechten Sammlungsdokumentation (dazu http://www.e-kultur.ch/softwarevergleich/softwarevergleich.pdf) soll diese Applikation allen  interessierten Kreisen zur Verfügung stehen.
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 +  * Ziel des  Projektes myColex ist es, Dokumentationswerkzeuge bereitzustellen, die  es allen interessierten Kreisen, wie Museen, Galerien, Stiftungen etc.,  ermöglichen, Sammlungen fachgerecht zu dokumentieren.
 +Bei der Programmentwicklung waren folgende Überlegungen massgebend:
 +  * Einfachheit:  Die gesamte Bedienung soll in einem Webbrowser stattfinden, so dass  keine Installationen notwendig sind. Die Benützung des Programmes soll  so einfach und konsistent wie möglich sein, so dass das Programm ohne  grossen Einführungsaufwand bedient werden kann.
 +  * Anpassbarkeit:  Das Dokumentationssystem soll auf verschiedenen Plattformen lauffähig  sein und so wenig Vorgaben an die Informatik-Infrastruktur wie möglich  machen. Zudem sollen Anpassungen an spezielle Dokumentationsbedürfnisse  und Erweiterungen über Konfigurationsdateien möglich sein, ohne den  Programmcode verändern zu müssen. Das Aussehen der Masken soll über  Vorlagedateien den individuellen Bedürfnissen angepasst werden können.
 +  * Sicherheit: Das System soll stabil sein, der Datenzugriff kontrolliert und die Datensicherung gewährleistet sein.
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 +===== Wie ist myColex aufgebaut? =====
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 +MyColex  basiert auf dem freien Datenbanksystem mySQL (www.mysql.com) und einer  relationalen Datenbank, deren Struktur im Historischen Museum Basel  über Jahre entwickelt wurde, und die sich für verschiedenste  Sammlungsgebiete (Münzen, Musikinstrumente, Druckgrafik, Kutschen etc.)  bewährt hat. Alle Daten, seien das Suchbedingungen oder Dateneingaben,  werden im Webbrowser in einem Formular vorgenommen und an den Webserver  (vorzugsweise Apache, www.apache.org) weitergeschickt. Datenbank-,  Webserver und Browser können alle auf derselben Maschine sein oder auf  getrennten Maschinen im Netzwerk, ja sogar im Internet. Die  Ressourcenansprüche des Gesamtsystems sind sehr niedrig, auch ein alter  Notebook kann problemlos mit dem Gesamtsystem ausgerüstet werden, zudem  werden die gängigsten Betriebssysteme unterstützt (Apple, Microsoft,  Linux etc.).
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 +Die Benutzereingaben werden vom Browser an den  Webserver und dann an das Datenbanksystem weitergereicht. Das Ergebnis  einer Suche wird vom Webserver mit Hilfe der freien Skriptsprache PHP  (www.php.net) aufbereitet und als Liste wieder an den Webbrowser des  Benützers zurückgegeben, analog den Listen der Internet-Suchmaschinen.  Wenn Sie einen Eintrag der Liste anklicken, erhalten Sie eine Maske mit  den Detailangaben, die Links zu den verknüpften Datensätze anderer  Module aufweist: Sie suchen z.B. alle Gemälde und klicken in der  Ergebnis-Liste auf den Eintrag "Bild einer Sonnenblume". Es öffnet sich  die Detailmaske mit den Angaben zu diesem Objekt. Weiterführende Links  öffnen z.B. die zugehörigen Personendaten (Künstler, Donator). Ein  Klick auf den Donatoreintrag öffnet die Detailmaske des Donators, die  wiederum Links aller zugeordneten Objekte des Donators aufweist. Diese  können Sie natürlich wieder einzeln oder als Liste aufrufen; Sie  "surfen" durch die Datenbank, wie durch eine Website. Grosser Wert  wurde auf die freie Konfigurierbarkeit gelegt: in einer  Konfigurationsdatei kann das Aussehen aller oder spezieller Masken  festgelegt werden, es können Auswahllisten einzelnen Feldern hinterlegt  werden, zusätzliche Felder können zugefügt oder überflüssige  ausgeblendet werden, und das Aussehen der Maske oder der Links kann  einfach angepasst werden.
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 +In einer sprachspezifischen  Ressourcendatei sind alle Dialoge aufgeführt, weshalb einfach neue  Sprachen angefügt werden können. Wo steht das Projekt jetzt? Einen  ersten Eindruck des Projektes können Sie unter folgender Adresse  gewinnen (beachten Sie die Gross-Kleinschreibung):  www.historischesmuseumbasel.ch/myColex/ Die Version 1.0 umfasst  folgende Module: - Objektverwaltung - Klassifikationsmodul  (Sammlungskategorien) - Thesaurus (Beschlagwortung) - Personen- und  Adressverwaltung - Medienverwaltung (Bilddaten) - Literaturverwaltung -  Standortverwaltung - Ausstellungsverwaltung (Leihverkehr) -  Konservierungsjournale Die Mehrsprachigkeit ist im Programm angelegt,  doch fehlen noch Übersetzungen in andere Sprachen als Deutsch. Getestet  wurde das Projekt mit Apache, PHP, MySQL unter Linux  und Windows .
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 +Drei Fallbeispiele geben  Ihnen eine Idee möglicher Einsatzarten von myColex: Kleines Museum mit  einem Computer und Internet-Anschluss Kleinere Museen mit kleinem oder  mittlerem Sammlungsbestand verfügen meist nicht über das notwendige  Wissen und die Mittel, eine ausgebaute EDV Infrastruktur zu  unterhalten. Zumeist ist gerade in diesen Museen der  Dokumentationsbedarf am dringlichsten. Viele Internet-Provider bieten  schon für wenige Franken pro Monat die Möglichkeit an, myColex auf dem  Internet zu installieren. Damit kann eine lokale Installation umgangen  werden und der Zugriff auf die Daten kann, passwortgeschützt natürlich,  von zuhause oder sonstwo her geschehen. Mittleres Museum mit lokalem  Netzwerk und mehreren Arbeitsplätzen Wenn mehrere Benützer auf die  Datenbank zugreifen sollen, so ist es vorteilhafter, entweder myColex  auf einem schon vorhandenen Server zu installieren, oder einen  vorkonfigurierten Linux-Server am Netz anzuschliessen. Da der Zugriff  über den Webserver geschieht, erfordert das nur einen geringen  technischen Aufwand und keine weiteren Anpassungen im Netzwerk.
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 +Der  Vorteil dieser Installationsart ist, dass Sie völlig unabhängig sind  und dass die Daten im Museum bleiben. Grösseres Museum mit mehreren  Standorten und Abteilungen Die Applikationsarchitektur erlaubt die  Verarbeitung beliebig grosser Datenmengen durch beliebig viele  Benützer. Einen Engpass an irgend einer Stelle kann durch zusätzliche  Server oder durch leistungsfähigere Maschinen behoben werden. Bei  grösseren Museen sind die Anpassungen und die Konfiguration sicher  aufwändiger: so muss der Datenzugriff viel präziser geregelt werden und  die Einbindung in die Ablauforganisation ist anspruchsvoller. Der  gesicherte Zugriff von Aussenstationen ohne Netzverbindung kann über  einen Telefonanschluss erfolgen.
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 +===== Wie geht es weiter? =====
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 +Zentral  bei jedem Projekt mit Freier Software ist die Gemeinschaft der Benützer  und Benützerinnen und der Mitwirkenden. Wenn Ihr Interesse geweckt  wurde, so würde ich Sie gerne mit einem Newsletter über die Entwicklung  von myColex auf dem Laufenden halten. Kontaktieren Sie mich  unverbindlich. Natürlich unterstütze ich  Sie beim Test und bei der Einführung des Systems und bei der Umsetzung  spezieller Anliegen. Gerne nehme ich Verbesserungsvorschläge entgegen;  besonders freuen würde ich mich, wenn Sie im Projekt mitwirken möchten!